Dunkle Dämonen im Doppelpack

Beim Literaturkreis erzeugen Karin Bottke und Eva Prüße Gänsehaut-Stimmung.

Helmstedt, 16.06.2018

Dass man nicht weit in die Ferne schweifen muss, um das Gute zu entdecken, stellte einmal mehr der Literaturkreis Helmstedt unter der Leitung seines Vorsitzenden Wolfgang Rischer

unter Beweis. Eva Prüße aus Rottorf/Königslutter und Karin Bottke aus Helmstedt waren seiner Einladung gefolgt und stellten in den gut gefüllten Räumen der Volksbank einige ihrer Kurzgeschichten vor.

„Jenseits der Stille werden Dämonen sein“, verkündete schon die Einladung und machte damit bereits im Vorfeld klar, dass die Grundstimmung der Geschichten wohl nicht dem  warmen Frühsommerabend entsprechen würde. Ein geheimnisvolles Bild vom Sperrmüll ist es, das den Reigen der Geschichten eröffnet und es schafft, einen Gänsehaut-Schauer bei den Zuhörern zu verursachen. Eva Prüße erzählt von diesem seltsamen Kunstwerk, das auf schaurige Art und Weise Menschen in seiner Umgebung manipuliert. Der Protagonist der Geschichte wird so, ganz im Faust’schen Sinne, zu einem Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

In den Geschichten aus ihrem Buch „Camouflage“ spielt die Autorin mit dem Thema Tod. Sie berichtet von einem Jungen, der auf tragische Art und Weise seine Mutter verliert, später auch seinen Stiefvater, und der als Bewunderer von Edgar Allan Poe ein Leben wie ein Protagonist aus einer seiner Geschichten führt. In der Geschichte vom sanften Herrn Puschkin erzählt sie schließlich von einem bemitleidenswerten Herrn, der eher zufällig und fast ohne Absicht zu einem Giftmörder wird. Man fühlt mit ihm und kann gut nachvollziehen, warum er seine Schwiegermutter – allem Anschein nach ein rechter Drachen – nicht von der Einnahme eines arsenhaltigen Getränks abhält.

Karin Bottke beginnt ihren Part mit der Ankündigung, dass auch ihre Geschichten nicht zu einer fröhlicheren Stimmung beitragen würden. So erzählt sie von einem durch einen Brand schrecklich entstellten Mann, der ein kleines Kind nach einem Sturz in den Brunnen vor dem Ertrinken rettet. Zwar wird er nach dieser Rettungstat vom Hof gejagt, dennoch ist das Leben des Retters und der von ihm Geretteten von diesem Tag an auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden. Dass er viele Jahre später in ihren Armen stirbt, schließt einen traurigen Kreis.

Auch die zweite Geschichte, die die Autorin mit ihrer ruhigen, angenehmen Stimme vorträgt, nähert sich dem Thema auf äußerst ungewöhnliche Art und Weise. Erst nach und nach erschließt sich dem Zuhörer, dass Bottkes Protagonistin eine alte Dame ist, die nach einem nächtlichen Sturz in ihrer Wohnung die Sekunden herunterzählt, hoffend auf den Pflegedienst, der um Punkt sieben am Morgen kommen wird, um sie aus ihrer misslichen Lage auf der Schwelle zwischen Wohnzimmer und Küche, zwischen Leben und Tod zu befreien. Ob sie es denn schafft, bleibt am Ende offen

Die Autorinnen Karin Bottke (links) und Eva Prüße.

Quelle: Braunschweiger Zeitung (Text), Henrik Becker (Foto)